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… warum Übervorsicht Kolleg:innen kaputtmacht

Stell dir vor: Ein Büro-Monster sitzt am Kopf der Kontrolltabelle. Nicht das gruselige, sondern das pingelige. Alles wird geprüft. Alles wird dokumentiert. Alles braucht ein Formular — am besten noch zwei. Klingt übertrieben? Leider passiert genau das: Sicherheits- und Genehmigungsprozesse, die bei einer Neueinführung Sinn ergeben, werden auf altbewährte Tools und alltägliche Abläufe angewendet. Und? Ergebnis: Frust, Verzögerung und die Motivation sinkt.

Warum das nervt? Kurz gesagt: Weil Bürokratie nicht gleich Sicherheit ist. Und weil das letzte Glied in der Kette — die Kollegin oder der Kollege am Ende — plötzlich Aufgaben übernehmen muss, die nicht zu ihrem/seinem Job gehören. Damit wird das Tagesgeschäft zur Nebensache. Klingt bekannt?

Was hier wirklich abgeht — in einer Minute erklärt

Bei jeder Software-Neueinführung macht es Sinn, gewisse Schritte zu prüfen: Wirtschaftlichkeit, IT-Sicherheitsbericht, Abstimmung mit Personalvertretung. Punkt. Aber warum dieselben Regeln jetzt stur auf eine Anwendung angewendet werden, die seit 20 Jahren unverändert läuft? Das ist, als würde ein Bauamt für einen Gartenzaun plötzlich dieselben Auflagen wie für ein Hochhaus verlangen — übertrieben und ineffizient.

Das Problem heißt „Alles-muss-überprüft-werden“-Mentalität

Wer kennt den Satz nicht: „Ich kann nichts dafür, es muss sein.“ Er klingt harmlos. Trotzdem ist er Gift für die Organisation. Denn:

  • Er entzieht Verantwortung von der Entscheidungsstufe, wo sie hingehört.
  • Er delegiert Dokumentations- und Prüfpflichten an Leute, die dafür keine Zeit haben.
  • Er sorgt dafür, dass das Alltagsgeschäft leidet — Deadlines platzen, Projekte verzögern sich.

Und weil Menschen keine Maschinen sind, schwindet nach und nach die Motivation. Genau da entsteht ein Teufelskreis: Weniger Motivation → mehr Fehler/Verzögerung → mehr Kontrollen → noch weniger Motivation.

Wer zahlt den Preis?

Nicht die Monster-Manager. Sondern die, die das Tagesgeschäft stemmen: Sachbearbeiter:innen, Teamassistenz, Kolleg:innen, die Systeme täglich nutzen. Typische Szenen:

  • Smalltalk an der Kaffeemaschine: „Schon wieder Formulare für die Firewall-Änderung?“
  • E-Mail-Postfach: Betreff: „Fehlende Unterlagen — bitte umgehend nachreichen.“
  • Social-Media-Post im internen Netzwerk: „Warum dauert das so lange?“

Diese Situationen sind keine Randnotizen. Sie sind Symptom einer falschen Balance zwischen Vorsicht und Pragmatismus.

Ein praktikabler Blick: Was sinnvoll ist — und was nicht

Sinnvoll sind Kontrollen bei neuen, risikobehafteten Systemen. Ein neues HR-System? Klar, Prüfung. Eine firmenweite Cloud-Migration? Auch klar. Aber das 20 Jahre alte Tool, das seit Windows XP lief und jetzt nur von Win10 auf Win11 portiert wird? Ganz andere Hausnummer.

Hier ein paar einfache, alltagstaugliche Regeln:

  • Risikoorientiert denken: Prüfe die Änderung nach Risiko, nicht nach Rigide-Regel.
  • Rollen klar definieren: Wer entscheidet? Wer dokumentiert? Wer führt aus? Nicht alles auf die letzte Person schieben.
  • Automatisieren, wo möglich: Checklisten, Vorlagen, ein Standardformular — aber schlank.
  • Deadlines schützen: Kernaufgaben dürfen nicht durch Administrationsaufwand ausgebremst werden.

Ein Beispiel aus dem Alltag

Stell dir vor, ein Team muss eine alte Buchhaltungs-Anwendung auf Windows 11 umstellen, weil die Geschäftsführung es beschlossen hat. Die Anwendung selbst ändert sich nicht. Trotzdem verlangt das Bürokatier plötzlich:

  • ein vollständiges IT-Sicherheitsgutachten,
  • eine neue Wirtschaftlichkeitsrechnung,
  • eine Genehmigung durch Arbeitnehmervertretung,
  • vier Unterschriften und eine Schulungsdokumentation.

Ergebnis: Die Buchhalterin, die das System betreut, verbringt zwei Wochen mit Formularen statt mit Abschlüssen. Monatsabschluss verzögert. Frust hoch. Sinnvoll? Nein.

Was führt oft zu dieser Überregulierung?

Meistens eine Kombination aus Angst und Tunneldenken:

  • Angst vor Fehlern oder Haftung.
  • Angst vor Auditoren oder Klagen.
  • „Wenn es schiefgeht, dann hat wenigstens jemand alles dokumentiert“ — ein gefährliches Sicherheitsdenken, das Prävention mit Dokumentationswahn verwechselt.

Warum das niemandem nützt

Die Nebenwirkungen sind real:

  • Produktivität sinkt.
  • Innovation wird ausgebremst.
  • Fachkräfte kündigen, weil sie nicht länger Verwaltungsaufgaben übernehmen wollen.
  • Compliance wird formal erfüllt — aber das eigentliche Ziel (sichere, funktionierende IT) bleibt auf der Strecke.

Kleine Schritte, große Wirkung

Was hilft konkret? Einige pragmatische Vorschläge:

  • Priorisieren: Nicht jede Änderung ist gleich kritisch. Eine Risiko-Matrix hilft.
  • Templates nutzen: Standardformulare, die nur ausgefüllt, nicht neu erdacht werden müssen.
  • Entscheidungskompetenz nach oben zurückholen: Schwere Entscheidungen im Management, nicht beim letzten Anwender.
  • Schulungen gezielt einsetzen: Nicht für jedes Update eine Schulung — nur wenn sich die Bedienung oder Prozesse wirklich ändern.
  • Transparente Kommunikation: Erklären, warum etwas nötig ist — oder warum nicht. Ehrlichkeit schafft Vertrauen.

Ein Appell an Entscheider — kurz und klar

Mehr Mut zum pragmatischen Urteilsvermögen bitte. Sicherheit ja — aber maßvoll. Regeln ja — aber risikobasiert. Bürokratie nein — zumindest nicht dort, wo sie nur den Alltag lähmt.

Abschluss: Ein Gedanke zum Mitnehmen

Wenn bei jedem Handgriff Formulare ausgegraben werden, ist die Organisation nicht sicherer — nur langsamer und unmotivierter. Sicherheit ist keine Checkliste, die man blind abarbeitet. Sie ist ein intelligenter Prozess, der Risiken erkennt, priorisiert und mit Augenmaß behandelt.

Zum Schluss eine Frage an Dich: Welche kleine Regel im eigenen Alltag würde sofort weniger Bürokratie bringen — und mehr Freiraum? Reine Theorie ist gut, Praxis ist besser. Trau dich, die nächste unnötige Hürde zu hinterfragen.

Call-to-Action

Schreibe kurz: Welche drei Aufgaben im täglichen Arbeitsablauf dauern bei euch unnötig lange wegen Bürokratie? Wenn gewünscht, kann auf Basis dieser drei Punkte ein pragmatischer Vorschlag zur Entschlackung erstellt werden.


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