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Nachts nach Südtirol – Eine Bahnfahrt mit Hindernissen

Donnerstag, 22:25 Uhr – Berlin Hauptbahnhof

Der Berliner Hauptbahnhof wirkt um diese Uhrzeit wie eine eigene kleine Welt: Reisende mit müden Gesichtern, rollende Koffer, das monotone Echo von Lautsprecherdurchsagen. Lennart und ich stehen auf Gleis 6, bereit für unsere Fahrt in Richtung Süden.

Unser Zug, der IC 495, soll uns über Nacht bis nach Nürnberg bringen. Der Plan klingt simpel: dort umsteigen in den ICE nach München, weiter mit dem EuroCity über die Alpen bis nach Brixen in Südtirol. Einmal durch Deutschland, schlafen, aufwachen, Berge sehen – so die Theorie.

22:55 Uhr – Abfahrt mit Verspätung

Natürlich beginnt alles mit einer halben Stunde Verspätung. Wir nehmen’s mit Humor. Schließlich ist das hier ja die Deutsche Bahn. Lennart kommentiert trocken: „Na gut, das bringt uns wenigstens näher an die bayerische Frühstückszeit.“

Der Zug ruckelt los, und Berlin verschwindet im Dunkel. Wir richten uns in den Sitzen ein, versuchen ein bisschen zu schlafen. Draußen rauschen Lichter vorbei, drinnen klackern die Räder monoton – fast beruhigend.

Freitag, 5:02 Uhr – Nürnberg (endlich)

Mit einer guten halben Stunde Verspätung kommen wir in Nürnberg an. Der Anschluss, ICE 825 nach München, soll 5:54 Uhr gehen – genug Zeit also für einen Kaffee, denken wir.

Doch dann die Durchsage: „Der ICE 825 nach München fällt heute leider aus.“

Lennart und ich schauen uns an. Stille. Dann nur ein: „Ernsthaft?“

Plan B, C, D und E

Der ausgefallene Zug zieht eine Kette von Problemen nach sich. Wir verpassen dadurch in München unseren Anschluss, den EC 81 (7:32 – 10:55) nach Brixen – unseren Alpenexpress, der uns gemütlich ans Ziel bringen sollte.

Also heißt es jetzt: neu orientieren. Statt drei gemütlichen Stunden mit Blick auf die Berge steht uns eine kleine Odyssee bevor – viermal umsteigen, improvisieren, hoffen.

Zwischen Nürnberg und Rosenheim lernen wir das bayerische Regionalzugnetz kennen – inklusive Verspätungs-Bingo. Irgendwann sagt Lennart: „Weißt du, Papa, das ist fast wie Interrail. Nur ohne Spaß.“

Ich lache, aber innerlich rechne ich schon, wie viel Zeit uns das kostet. Mindestens zwei Stunden Tageslicht, einfach verpufft zwischen Anschlusszügen, Durchsagen und Warten auf kalten Bahnsteigen.

Mittag – endlich in Brixen

Gegen Mittag rollen wir endlich in Brixen ein. Die Sonne scheint, als wolle sie sagen: Na, immerhin das hat geklappt. Wir steigen aus, müde, aber erleichtert. Die Berge stehen majestätisch da, als hätten sie auf uns gewartet.

Lennart streckt sich, schaut sich um und meint grinsend: „Ich liebe die Deutsche Bahn.“

Ich nicke. Sarkasmus off.

Und trotzdem – im Nachhinein betrachtet war es eine Reise mit Geschichten, die man so nur mit der Bahn erlebt. Kein Flugzeug, kein Auto, kein Plan B hätte so viele Anekdoten produziert. Und vielleicht, ja vielleicht, ist genau das der heimliche Charme dieser Nachtfahrt gewesen: das Ungeplante, das Unvollkommene – das echte Reisen.

Das erste Ziel unseres Wochenendtrips ist erreicht und das steht auch schon Mirco, unser südtiroler „Reiseführer“ aka best local Bonsai-Buddy für die nächsten Stunden/Tage. 

Bleibt gespannt, es geht dann auch bald weiter 😉

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