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Der letzte Tag – Mit dem Sohn von Südtirol nach Berlin (zurück mit der Bahn … na ja)
Der letzte Tag einer Reise hat ja immer so was leicht Tragisches.
Man sitzt beim Frühstück, kaut genüsslich an den letzten Speckknödeln und weiß: das war’s. Das hier ist das große Finale – der Moment, an dem der Urlaub sich noch einmal aufbäumt, bevor er im Takt der Deutschen Bahn langsam, aber sicher, verpufft.
Aber von vorne.
Resteessen deluxe
Wenn du denkst, „Resteessen“ klingt nach traurigem Kühlschrank-Puzzle, dann warst du noch nie bei unserem letzten Frühstück im Kranzhof in Innichen.
Da kam alles auf den Tisch, was unser Kühlschrank noch hergab: Speckknödel, Gulasch vom Vortag …. immer noch sehr lecker.
Es war keine Mahlzeit. Es war ein Statement.
Ein kulinarisches „Wir fahren zwar heim, aber bitte mit Stil!“ 😉
Mein Sohn saß mir gegenüber, grinste und … ich grinste zurück.
Ich nickte. Und dachte mir, dass es genau das Richtige war. Ein bisschen übertrieben, ein bisschen verrückt – und ganz sicher nichts, was man daheim in Berlin an einem Sonntagmorgen macht.
Abschied vom Kranzhof – und Mirco, unser „Uber“
Nach dem letzten Schluck Chai-Latte, Zimmer bezahlen und dann kam der Moment des Packens.
Koffer in den Kofferraum, letzter Blick auf die Dolomiten, kurzer Seufzer.
Dann stand er da – Mirco. Unser ganz persönlicher Chauffeur. Oder wie wir ihn nennen: der Südtiroler Uber-Express oder Zirben-Mirco, ach was … er war in den letzten Tagen einfach unser „Super-Tool“ (Sterne-Koch, Reiseleiter, Dolmetscher … kurzum der perfekte Gastgeber – Ganz lieben Dank an Dich!!!
Mit breitem Grinsen, Sonnenbrille auf der Nase und einem „Na, seid’s bereit?“
Klar waren wir das.
Die Fahrt von Innichen nach Brixen?
Ein kleines Abenteuer.
Mirco kannte jede Kurve, jedes Schlagloch, jeden Bäcker auf der Strecke. Und natürlich hatte er zu jedem zweiten Haus eine Geschichte:
Zwischen Hügeln, Wiesen und Kühen, die aussahen, als hätten sie gerade Yoga gemacht, rauschte die Landschaft an uns vorbei.
Und irgendwie war das genau der richtige Übergang: vom ruhigen Ferienmodus Richtung Realität.
Brixen Hauptbahnhof – das Tor zur Rückkehr
Brixen. Sonne, Bahnsteig, leicht schwitzige Menschen mit zu vielen Rucksäcken.
Die Stimmung?
So eine Mischung aus Vorfreude auf Zuhause und innerer Panik, dass die Bahn vielleicht wieder ihren ganz eigenen Fahrplan hat.
Und ja – sie hatte.
Erstmal lief alles glatt. ÖBB, österreichische Präzision, freundliche Durchsagen, Klimaanlage, die wirklich funktioniert.
Man sitzt da, trinkt seinen Kaffee, schaut aus dem Fenster – und denkt sich: Läuft!
Aber dann kommt München.
München, der Moment der Ernüchterung
Kaum angekommen, dieser vertraute Satz in der Lautsprecherstimme:
„Der Anschlusszug nach Berlin fällt heute leider aus.“
Natürlich tut er das.
Man könnte fast glauben, die Bahn hat einen eingebauten Sensor für Urlauber, die einfach nur nach Hause wollen.
Und jedes Mal, wenn einer denkt „diesmal klappt’s bestimmt“, blinkt irgendwo im Stellwerk eine rote Lampe: Na, schauen wir mal …
Also: warten.
Und das ist ja das Schöne an der Deutschen Bahn – sie schenkt einem Zeit. Zeit zum Reflektieren, zum Leute-Beobachten, zum sinnlosen Scrollen durch alte Urlaubsfotos.
Und niemand will es.
Irgendwann kam ein Ersatzzug.
Verspätet, überfüllt, aber immerhin existierend.
Berlin rückte näher – Kilometer für Kilometer, Durchsage für Durchsage, Zugabteil für Zugabteil.
Berlin – zurück in der Realität
Nach über neun Stunden Reisezeit, gefühlten 2000 Bahnminuten und einer Portion Nervennahrung (Bier und Reisproviant vom Super-Mirco) rollten wir endlich in Berlin ein.
Draußen Novembergrau, drinnen dieses typische Berliner „Na, wieder zu Hause?“-Gefühl.
Ein bisschen Erleichterung, ein bisschen Wehmut.
Denn ganz ehrlich: So anstrengend die Rückfahrt war – sie gehörte dazu.
Ohne das Chaos, die kleinen Bahnabsurditäten und die vielen „Na toll“-Momente wäre es einfach zu glatt gewesen.
Und glatte Reisen erzählen keine Geschichten.
Fazit? Gibt’s keins. Nur ein Gefühl.
Dieser letzte Tag war wie ein guter Espresso: stark, kurz, ein bisschen bitter – aber perfekt zum Schluss.
Das Frühstück? Legendär.
Die Fahrt mit Mirco? Unbezahlbar.
Die Bahn? Nun ja … sagen wir, sie bleibt sich treu.
Aber genau das ist ja das Schöne. Jede Reise braucht ihren Kontrast.
Wie willst du den Duft von Südtiroler Speck schätzen, wenn du nicht gleichzeitig den Geruch von Münchner Bahnhofsluft in der Nase hast?
Und irgendwo zwischen Dolomitenblick und Großstadtgrau liegt dieser Moment, an dem du merkst:
Es geht gar nicht darum, wo man ist.
Sondern mit wem.
Denn wenn Vater und Sohn gemeinsam auf Achse sind, dann ist selbst ein Bahnchaos noch eine gute Geschichte.
Und genau darum geht’s.
Und du?
Wann hast du das letzte Mal etwas erlebt, das gleichzeitig nervt, aber trotzdem perfekt war?
So eine Situation, die du im Moment verfluchst – und später lachend erzählst?
Vielleicht ist es genau das, was gute Geschichten ausmacht: Sie müssen nicht glattlaufen. Sie müssen nur echt sein.














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